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Interview: Zeitalter der Intrapreneure

Felix Plötz ist Bestseller-Autor, Entrepreneur und der Meinung, dass gerade das Zeitalter der Intrapreneure anbricht. Was ein Intrapreneur ist, was man für Fähigkeiten mitbringen sollte, um selbst einer zu werden und wie sich die Arbeitswelt gerade verändert, das verrät er uns im Interview.

Hallo Felix! Für alle, die den Begriff noch nicht gehört haben: Was ist Intrapreneurship?

Entrepreneurship kennt mittlerweile jeder, der einmal „Die Höhle der Löwen“ gesehen hat. Es bedeutet in dem Fall nichts anderes als Unternehmertum, also das Gründen eines kleinen Startups. Intrapreneurship bezeichnet hingegen internes „Entrepreneurship“ (daher Intrapreneurship), also Mitarbeiter, die unternehmerische Ideen innerhalb eines Unternehmens aufbauen.

Du sagst, dass die Zeit der Intrapreneure anbricht. Was bedeutet das und warum gerade jetzt?

Ja, so ist es. Wir erleben gerade eine große Revolution, die vielen normalen Angestellten ganz neue Freiheiten und Möglichkeiten gibt. Um das zu erläutern, würde ich gerne ein Beispiel geben: In meinem letzten Buch war die Deutsche Bahn noch ein Paradebeispiel für völlig falsch verstandenen Start-up-Spirit, bei dem Wunsch und Wirklichkeit weit auseinanderklafften. Zwar wurde – wie damals en vogue – der Vorstand zur Innovationstour ins Silicon Valley geschickt und kurz darauf das Innovationslabor D-Lab gegründet. Doch arbeiteten im Jahr 2015 gerade mal zehn der insgesamt rund 320.000 Angestellten dort. Gleichzeitig forderte die Bahn in Stellenausschreibungen selbst von einem „Planungsingenieur für Fahrbahnen“ unternehmerisches Denken und Handeln. Wo sollte er diese Fähigkeiten denn herhaben? Aus dem Studium oder einem Wochenendseminar?

Heute sieht die Sache ganz anders aus. Mittlerweile gibt es ein Intrapreneurship-Programm, das per se allen 320.000 Mitarbeitern offensteht, nicht etwa nur einigen Auserwählten. Dabei ist es auch völlig egal, ob es sich um eine hochdekorierte Führungs- oder eine ganz normale Reinigungskraft handelt. Wenn es ihre Idee schafft, ins Programm aufgenommen zu werden, sind alle Mitarbeiter gleich und völlig hierarchielos. Sie werden in Startup-Methoden wie Design-Thinking geschult und zur Hälfte oder zu 100 Prozent von ihrer eigentlichen Tätigkeit freigestellt, zunächst mit Rückkehrrecht auf ihre alte Position. Natürlich bauen nun nicht sofort alle 320.000 Mitarbeiter an neuen Ideen, aber sie alle haben die Möglichkeit dazu. Unternehmerisches Denken und Handeln ist heute bei der Deutschen Bahn nicht mehr nur ein Lippenbekenntnis.

Ist das so einfach in allen Unternehmen möglich? Was mache ich als Arbeitnehmer, der hauptsächlich fremdbestimmt Arbeit erledigen muss? Woher nehme ich mir die Zeit und die Möglichkeiten, um mich als Intrapreneur auszuprobieren?

Solche Programme wie bei der Bahn gibt es nur in wenigen Firmen. Doch das ist nicht so tragisch, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Chefs trotzdem schon darüber nachgedacht haben, ist gar nicht so gering. Denn auf der Agenda der meisten Unternehmen steht heute ganz oben, wichtige Antworten auf die Digitalisierung zu finden und eben das zu tun: agiler, innovativer und viel, viel kundenzentrierter zu werden. Das muss kein ausformuliertes Intrapreneurship-Programm sein. Es reicht, wenn die Unternehmenskultur es zulässt und fördert, dass du deine Ideen einbringen und umsetzen kannst. Dazu gehört natürlich auch, dass die Mitarbeiter entsprechend Zeit dafür einsetzen können.

Welche Eigenschaften muss ein Arbeitnehmer in der Zeit der Intrapreneure mitbringen?

Die wichtigsten Eigenschaften, die mir alle meine Interviewpartner immer wieder genannt haben, sind Mut und Beharrlichkeit. Warum es Mut als Angestellter braucht, um mit seinen Ideen zum Chef zu gehen und zu sagen „Ich treibe das jetzt an!“, ist wahrscheinlich klar. Beharrlichkeit braucht es, weil auch den tollsten Ideen immer wieder Stöcke zwischen die Beine geschmissen werden. Je größer in einem Unternehmen die Resistenz gegenüber Veränderung und neuen Ideen ist, desto mehr Beharrlichkeit braucht es. In welchem Ausmaß das gilt, können sich viele am Anfang ihrer Reise oft nicht vorstellen. Als Intrapreneur brauchst du ein dickes Fell.

Welche Maßnahmen würdest du Unternehmen empfehlen, um Intrapreneurship zu fördern?

Hier kann eine Antwort in drei Sätzen leider keine echte Hilfestellung sein. Dafür ist das Thema zu komplex und daher habe ich all diese Fragen in meinem Buch „Das Ende der dummen Arbeit“ ausführlich beantwortet. Es gibt allerdings eine Empfehlung, die als Fundament für alles Weitere dient: Ich rate jeder Führungskraft, die eigenen Annahmen mal in einer ruhigen Minute zu hinterfragen. Wenn ein Chef eigentlich der Meinung ist, dass es völlig richtig ist, dass „oben gedacht und unten nur gemacht“ wird, dann ist das sicher kein idealer Ansatz, um mehr Unternehmertum in eine Firma zu bekommen. Wenn du so einen Chef hast, kannst du dich als unternehmerisch denkender Mitarbeiter auf den Kopf stellen und es wird nichts ändern. Dann würde ich sagen: Zeit für einen Jobwechsel.

Vielen Dank, Felix!

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